Provokationspädagogik und dessen Umkehrung

In der vergangenen Woche bildete sich nach langen Überlegungen ein Begriff in meinem Kopf: Provokationspädagogik oder Provokation als pädagogisches Mittel.

Um zu erfahren ob hinter diesem Begriff wirklich etwas steckt ging ich erst einmal ins Internet um zu „recherchieren“. Für Google-Verhältnisse  erschienen äusserst wenige Ergebnisse und alle hatten etwas mit einer Pädagogin, Juristin und mittlerweile auch Theologin Namens Rotraud A. Perner am Hut. Ich fand Unmengen an Interviews und Beschreibe von Studiengängen, Weiterbildungskursen etc.. Ich war interessiert und begann zu lesen.

Provokationspädagogik manchmal auch PROvokativpädagogik, ist eine wissenschaftlich bewiesene, unkonventionelle Sichtweise auf den Umgang für die mit dem neuen Beschönigungswort „verhaltenskreativ“ beschriebenen Schüler, welche auf dem Prinzip „verwandle den Kampf in ein Spiel“ basiert. Die Meinung ist, dass provokatives oder auffälliges Verhalten von Schülern nicht als persönlicher Angriff der die Chance zu einer Dominanzgeste oder einem Gegenangriff bietet, sondern als Einladung zu einem verbalen und Verhaltensbasierendem Spiel einladen soll. Die destruktive Natur des Provozierens (Das steigern des eigenen Selbstwertgefühls durch das senken des Selbstwertgefühls eines anderen) soll durch die Verharmlosung in einem Spiel umgangen/geblockt und angespannte Situationen durch eine unerwartete Reaktion entspannt werden, denn Dominanzgesten und Provokationen dienen nur einem Zweck: „der Sieger zu sein“. Perner schlägt demnach vor, dass auf Provokationen mit Humor und übertriebener Naivität oder Charme, der in Ihren Beispielen beinahe zynisch ist, reagiert werden soll. So könne man die Kreativität der Jugendlichen fördern, auch verhindere es, dass man seinen Schülern ungewollt den (verbalen) Kampf als Option beibringt.

Ich finde dieses Konzept (trotz einiger Meinungsverschiedenheiten) sehr interessant, jedoch entsprach es nicht meinem Grundgedanken mit dem ich zu lesen begann. In meinem Kopf war nicht der Umgang mit einer Provokation das Thema, sondern die Verwendung von Provokationen um ein pädagogisch wertvolles Ziel zu erreichen. Was ich suchte war keine Friede-Freude-Eierkuchen Politik, sondern im Grunde genommen eine umgekehrte Provokationspädagogik , in der nicht der Schüler, sondern der Lehrer als bewusster Aggressor fungiert und der Schüler sich zum Spiel herausgefordert sehen muss um sich noch mehr anzustrengen.

Ich denke, dass für eine umgekehrte Provokationspädagogik sehr viel Vorsicht seitens des Lehrers gefragt ist, denn im Unterschied  zur normalen Provokationspädagogik soll die Provokation nicht als solche verstanden werden. Die Provokation muss offensichtlich spielerisch bleiben, denn sobald eine Provokation seitens der Autoritätsperson ernst gemeint ist, wird diese als Missbrauch der Autorität angesehen und nur Rückschritte werden dadurch bezweckt (auch mit der Klasse, nicht nur mit dem einzelnen Schüler). Die Provokation muss unerwartet aber harmlos sein, anstatt zu sagen dass die Leistung eines Schülers schlecht ist, kann man ihn fragen wann er vor hat eine gute Prüfung zu schreiben. Diese Art der Pädagogik kann, falls richtig angewendet, unglaubliche Motivation und Ehrgeiz im Schüler wecken, oder (un)gewollt das Selbstwertgefühl oder emotionale Wohlbefinden verschlechtern.

Provokationen sind ein gefährliches Mittel, ihr grosses Potenzial ist aufgrund des destruktiven Grundgedankens mit einem grossen Risiko verbunden. Solange Provokationen nicht ernst gemeint sind, sind sie geniessbar und ich muss R. A. Perner zustimmen: „(ernste) Provokationen haben nur den Sinn Sieger zu sein“.

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